B2B-, B2C- und D2C-Commerce: Diese Besonderheiten müssen Sie beim digitalen Vertrieb beachten

B2B-, B2C- und D2C-Commerce: Diese Besonderheiten müssen Sie beim digitalen Vertrieb beachten
Jürgen Kroder
15. Juni 2023
B2B-, B2C- und D2C-Commerce: Diese Besonderheiten müssen Sie beim digitalen Vertrieb beachten

Kurze Definition: Was bedeuten B2B, B2C und D2C?

Verkauft Ihr Unternehmen Produkte an Geschäftskunden, sind Sie im B2B-Bereich tätig. Das Akronym steht für Business-to-Business.

Vertreiben Sie Produkte, die Sie nicht selbst herstellen, an private Kunden, spricht man vom B2C-Vertrieb. B2C steht für Business-to-Customer oder Business-to-Consumer.

Direct-to-Consumer oder Direct-to-Customer wird mit D2C abgekürzt. Hierbei bieten Hersteller ihre Produkte ohne Zwischenhändler direkt den privaten oder gewerblichen Endkunden an. 

Welche Besonderheiten bietet B2C?

In vielen Branchen ist ein B2C-Vertrieb seit Jahrzehnten etabliert. Ein Produzent fokussiert sich auf die Herstellung seiner Produkte und lagert quasi den Verkauf an die finale Kundschaft an Experten aus.

Diese Experten sind zum Beispiel Großhändler, Einzelhändler, Handwerksbetriebe und andere Absatzmittler. Sie haben eine direkte Beziehung zu den Konsumenten und ergreifen Marketing- und Vertriebsmaßnahmen, um ihren Absatz, Umsatz und Gewinn zu steigern. Und die Händler kennen die Besonderheiten dieses Modells:

  • Die Absatzmittler bestimmen, wie sie die Produkte des Produzenten vertreiben - zum Beispiel über Einzelhandelsgeschäfte, über eigene Onlineshops oder über Online-Marktplätze.
  • Viele B2C-Produkte können recht schnell verkauft werden. Das liegt beispielsweise daran, dass die Konsumartikel sehr günstig sind oder zumindest keine großartige Investition darstellen. Die Customer Journey fällt bei Kaugummis, Regalen oder selbst Smartphones in der Regel kurz oder zumindest überschaubar aus.
  • Dazu kommt, dass die meisten Konsumenten ihre Entscheidungen alleine oder zumindest im kleinen Kreis treffen. Selten wird eine Art Gremium benötigt, um einen Einkauf zu tätigen.
  • Eine weitere Besonderheit: Der moderne Privatkunde agiert sehr digital. Er informiert sich auf Websites, auf Videoportalen, in sozialen Netzwerken und vergleicht die Preise in verschiedenen Onlineshops. Hierbei stellt sich der ROPO-Effekt ein: Der Konsument recherchiert online, aber kauft offline - und umgekehrt.
  • Ein Nachteil des B2C-Modell sind die meist recht geringen Margen. Es ist dementsprechend wichtig, alle Strukturen und Prozesse fortwährend auf Effizienz zu trimmen.

B2B: Was zeichnet dieses Vertriebsmodell aus? 

Auch der Business-to-Business-Bereich ist nicht homogen. Zum einen kaufen Handwerksbetriebe bei einem Fachhändler ein paar tausend neue Schrauben für wenige Euro ein, zum anderen erwerben sie spezielle Maschinen, die Zehntausende kosten. Noch höher fallen die Summen bei Industriebetrieben aus: Eine Druckmaschine oder eine Lackieranlage gehen in die Hunderttausende oder Millionen.

Genau hier kommen die Besonderheiten des B2B zum Tragen:

  • Stehen große Ausgaben an, kann die Customer Journey sehr lange sein. Verständlich. 20 neue Bagger kauft man eben nicht von heute auf morgen. Die Entscheidung sollte gut abgewägt werden. Denn für die Investition muss eine Firma unter Umständen einen Kredit aufnehmen.
  • Dazu kommt, dass besonders bei großen bis sehr großen Investitionen die Kaufentscheidung nie alleine getroffen wird. In Unternehmen bildet sich ein sogenanntes Buying Center. Das ist ein Personenkreis, der aus verschiedenen Beteiligten besteht - beispielsweise aus Projektleitern, Einkäufern, Controllern und der Geschäftsführung.
  • Im B2B sind Preisverhandlungen üblich. Diese können sich über Wochen oder Monate hinziehen. Oft bekommt jeder Kunde individuell verhandelte Preise mit Sonderkonditionen oder Zusatzleistungen. Usus sind auch Staffelpreise, die sich an der Absatzmenge orientieren.
  • Einige Geschäftskunden agieren - noch - recht klassisch. Das bedeutet, Sie besuchen Messen, wälzen Kataloge, lesen branchenspezifische Fachmagazine, stehen im Austausch mit Außendienstmitarbeitern und verhandeln direkt mit Vertrieblern. 
  • Doch es findet seit ein paar Jahren ein radikaler Umbruch statt: Auch im B2B gibt es Webinare und Online-Messen, und die Zielgruppen konsumieren Onlinemagazine und nutzen soziale Netzwerke. Zudem boomen B2B-Onlineshops und -Marktplätze, bei denen unter anderem Anbieter aus fernen Ländern ihre Produkte und Dienstleistungen offerieren.

Deshalb liegt D2C so im Trend

Wenn Ihr Unternehmen Produkte herstellt und diese über Absatzmittler an die Endkunden bringt, hat das einen großen Vorteil: Sie können sich auf das Wesentliche - die Produktentwicklung und die Produktion - fokussieren. Dafür schmälert sich Ihre Gewinnspanne.

Doch spätestens die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass etablierte und vermeintlich starke Vertriebsstrukturen schnell einbrechen können. Wenn Ladengeschäfte geschlossen und Lieferketten unterbrochen sind, wird nichts verkauft. Mit dem Einstieg ins Direct-to-Consumer-Business können Sie diesen Malus abfedern.

  • Vertreibt Ihr Unternehmen seine Produkte direkt an die Kunden, sind Sie weniger abhängig von den Strukturen Ihrer Absatzmittler. Sie können bestimmen, wie Vertrieb und Marketing organisiert sind.
  • Wenn Sie ohne Zwischenhändler Ihre Produkte vertreiben, geben Sie keine Marge ab. Es bleibt - zumindest theoretisch - am Ende mehr bei Ihrem Unternehmen hängen. 
  • In der Praxis bedeutet D2C aber: Ihr Unternehmen hat eine eigene Marketing- und Vertriebsstrategie zu entwickeln und passende Maßnahmen durchzuführen, um die Konsumenten direkt zu erreichen. Das kann sehr kosten- und zeitintensiv sein. Zumal Sie intern Know-how in Form von neuen Fachkräften aufbauen müssen.
  • Dazu kommt, dass Sie eine angepasste Vertriebsstruktur und neue Vertriebswege benötigen. So sollten Sie in einen eigenen Onlineshop investieren und/oder Ihre Produkte selbst über Online-Marktplätze anbieten.
  • Ihre Investitionen werden mit einem weiteren Vorteil belohnt: Sie bauen einen direkten Draht zu den Nutzern Ihrer Produkte auf. Derart können Sie Feedback einholen: Sie erfahren aus erster Hand, was an Ihren Angeboten gut oder schlecht ist und welche Änderungen sich die Konsumenten wünschen.

Tipps für den E-Commerce im B2B, B2C und D2C

Sie möchten einen Onlineshop aufbauen, um Ihre Produkte online zu vertreiben? Eine sehr gute Idee! Doch definieren Sie vorher genau, an wen und wie Sie verkaufen möchten. Und beachten Sie diese Tipps bei der Umsetzung:

  • Private Endkunden schätzen es, wenn Sie in einem Onlineshop schnell und einfach bezahlen können. Bieten Sie deshalb gängige Bezahlarten wie Kauf auf Rechnung, PayPal, Klarna und Kreditkarte an. 
  • Im B2B gilt die Rechnungsstellung als üblich. Die Geschäftskunden tilgen die Summe innerhalb einer verhandelten Frist per Überweisung, bei einer schnellen Überweisung ist Skonto üblich.
  • Im B2C wird online nicht verhandelt. Es gelten die Preise, wie Sie im Onlineshop ausgezeichnet sind. Mengenrabatte sind ebenso unüblich. 
  • Ganz anders im B2B: Ein Geschäftskunden-Onlineshop sollte die Möglichkeit für Staffelpreise und individuelle Nachlässe bieten.
  • Bei einem B2C-Onlineshop ist jeder Nutzer quasi gleich. Nicht im B2B! Hier gibt es Accounts mit unterschiedlichen Rechten. So kann ein Handwerker mit seinem Login zwar Produkte in den Warenkorb legen, doch die Preisverhandlungen und der finale Abschluss stehen nur jemandem aus der Einkaufsabteilung zu.
  • Als Produzent haben Sie andere IT-Strukturen als beispielsweise ein Einzelhändler. Das sollten Sie bei der Umsetzung Ihrer E-Commerce-Plattform unbedingt beachten. Unter Umständen möchten Sie Systeme wie ERP, WaWi, CRM oder PIM an Ihren Onlineshop anbinden, um Echtzeit-Daten auszutauschen und Prozesse zu beschleunigen.
  • Unterschätzen Sie niemals den Aufwand für Marketing! Wenn Ihr Unternehmen bislang “nur” ein Produzent war und nun in den D2C einsteigt, benötigen Sie ein ordentliches Marketing-Budget und ausreichend interne Ressourcen, um die Vermarktung Ihres Onlineshops voranzubringen.
  • Je näher Sie an Ihre Endkunden heranrücken, desto mehr sollten Sie versuchen, in den direkten Austausch zu gehen. Versuchen Sie, über Online-Bewertungen, Umfragen, Newsletter und dergleichen so viel Feedback wie möglich einzuholen. Nutzen Sie die Chance, mehr über die Wünsche und Bedürfnisse Ihrer Zielgruppen herauszufinden.

Zum Schluss: Vergessen Sie H2H nicht!

H2H ist kein neues Vertriebsmodell. Stattdessen steht H2H für Human-to-Human. Das heißt: Gleichgültig, ob Sie im B2B, B2C oder D2C aktiv sind - denken Sie stets daran, dass Sie mit Menschen interagieren.

Jeder Mensch bzw. Konsument möchte verständliche Produktinfos lesen, tolle Produktfotos und -videos betrachten sowie einen schnellen, einfachen Kaufprozess haben. Amazon macht es seit vielen Jahren vor, wie reibungslos und bequem E-Commerce für die Konsumenten sein kann.

Somit: Machen Sie es nicht unnötig kompliziert! Vereinfachen und verschlanken Sie Ihre Prozesse. Drehen Sie an allen Stellschrauben, denn die Anforderungen der Kunden wachsen von Tag zu Tag. Ist ein Onlineshop zu langsam, fehlen wichtige Informationen oder ist der Kaufprozess umständlich, vergrätzen Sie (potentielle) Kunden.

Machen Sie sich stets klar: Ihre Mitbewerber sind nur ein paar Klicks entfernt - das wissen auch Ihre Zielgruppen!